Der Aktienkurs des angeschlagenen Energiekonzerns RWE AG kennt in den letzten Tagen an der Börse nur eine Richtung, den Sinkflug! Lag der Börsenkurs im Jahr 2008 noch bei über 100€ fiel der Kurs am vergangenen Dienstag auf ein historisches Tief von 10,18€. Ein Desaster für viele Ruhrgebietskommunen, die am RWE Konzern beträchtliche Aktienanteile halten. Z.B. musste die Stadt Essen in den vergangenen Jahren bereits 650 Mio € an Wertberichtigung auf ihr Portfolio vornehmen. Am Jahresende drohen der Stadt Essen weitere Abschreibungen in Höhe von über 200 Mio€.

Nun ziehen die, – durch den stark gesunkenen Aktienkurs finanziell gebeutelten Kommunen, ihren vermeintlich letzten Joker und wollen Werner Müller als Aufsichtsratsvorsitzenden bei der RWE AG durchsetzen.

Doch WTF ist eigentlich Herr Müller? – Der energiepolitische Experte der PARTEI Essen, Herbert Sauerbrei, blickt für uns hinter die Kulissen.

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Die Geschichte von Herrn Müller geht hier 1998 los. Er wurde vom damaligen Bundeskanzler Schröder, seinem alten Kumpel aus Niedersachsen, ins Kabinett berufen. 

Werner Müller war zu dieser Zeit Industrieberater (vorher war er bei der RWE in der Marktforschung und dann bei der VEBA Stabsleiter Energie und anschließend bei der VEBA Kraftwerke Ruhr AG Vorstand für Energie).

Werner Müller kam anstelle von Jost Stollmann in das Kabinett Schröder, obwohl dieser bereits im Schattenkabinett von Schröder saß und eigentlich Minister für Wirtschaft und Technologie hätte werden sollen. Stollmann brachte die weitaus besseren Qualifikationen mit. Angeblich waren es dann schließlich Querelen mit Lafontaine, welche ihn, Stollmann, dazu brachten das Amt nicht anzutreten und sich umzuorientieren.

Böse Zungen behaupten etwas anderes.

Müller war also von 1998 – 2002 Bundesminister für Wirtschaft und Technologie.

In dieser Zeit wollte die E.on AG die Essener Ruhrgas AG übernehmen, da sich mit dieser Firma noch mehr und vor allem bessere Geschäfte machen ließen. Diese Übernahme wurde jedoch vom Bundeskartellamt untersagt, da die wirtschaftliche Macht eines solchen Firmenkonglomerats viel zu groß sei und E.on viel zu wenig Kompromissbereitschaft in den Gesprächen mit dem Kartellamt zeigte.

Gegen dieses Verbot legte die E.on AG Einspruch ein und verlangte eine Ministererlaubnis für die angestrebte Übernahme.

Eine Ministererlaubnis besagt, dass der aktuelle und zuständige Wirtschaftsminister das Urteil des Bundeskartellamtes aufheben kann. Werner Müller konnte also gegen den Widerstand des Bundeskartellamtes die Übernahme billigen … und genau das Tat Herr Müller dann auch.

Er ließ zwar proforma noch ein Gutachten durch die Monopolkommission erstellen, aber schließlich genehmigte er die Übernahme aus Gründen des überragenden Interesses der Allgemeinheit. Müller wies seinen Staatssekretär Alfred Tacke an, die Fusion durch Erteilung der Ministererlaubnis nach § 42 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen zu ermöglichen.

Was dieses überragende Interesse der Allgemeinheit sein sollte hat die Allgemeinheit ab 2002 dann voll zu spüren bekommen. Der Gaspreis, vor allem für die privaten Haushalte stieg fortan rasend schnell an.

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Wissenswert an dieser Stelle ist noch, dass Müller von 1992 bis 1997, also vor seiner Tätigkeit als Bundesminister für Wirtschaft in leitender Position bei der Kraftwerke Ruhr AG tätig war, einer 100%igen VEBA Tochter. Die E.on AG ist der aus der 1999 angekündigten und im Juni 2000 vollzogenen Fusion der Mischkonzerne VEBA und VIAG entstandene Konzern. Müller hatte also den Stahlgeruch der Energieriesen.

Werner Müller schied schließlich 2002 aus der Politik aus und ging zurück in die Wirtschaft. Wohin fragen Sie? Er ging zur Ruhrkohle AG, später RAG, und bekleidete dort einen Vorstandsposten.

Alfred Tacke, der ebenfalls ein guter Kollege von Kanzler Schröder und Duzfreund von Müller, ging 2004 zurück in die Wirtschaft, weil ihm sein Pöstchen unter dem Superminister Wolfgang Clement nicht mehr gut genug war. Wohin ging Tacke? Natürlich zum Stromversorgungsunternehmen STEAG, einer 100%igen Tochter der RAG, an der die E.on mehrheitlich beteiligt ist (~60%). Und was wurde Tacke dort? Vorstandsmitglied und von 2005 bis 2006 sogar Vorstandsvorsitzender.

Das Bemerkenswerte an der ganzen Geschichte ist, wir erinnern uns wohin Müller nach seiner politischen Karriere ging, dass Tacke ausgerechnet in eine 100% Tochter der RAG ging die zufällig von 2003 bis zum Ende 2008 von Müller geleitet wurde.

Ein Schelm wer dabei denkt das alles könnte ein Schmierentheater oder abgekartetes Spiel sein.

Wenn nun die Kommunen den Ruf laut werden lassen nach einem Werner Müller als zukünftigen Aufsichtsratschef der RWE AG, um ihre inzwischen um 70% gefallenen Aktienanteile an der RWE AG zu retten, Was oder Wen haben die Kommunen da ins Auge gefasst?

Sollte diese Personalie Wirklichkeit werden, sollen die schon eh finanziell geschwächten Kommunen endgültig filetiert werden. Und falls dieser Deal wirklich eintritt, werden wir bestimmt alte Bekannte an neuen einflussreichen Stellen wieder treffen.

Eine Berufung von Werner Müller als Aufsichtsratsvorsitzender der RWE AG lehnt Die PARTEI Essen deshalb rigoros ab.